Unterstellt man jenem zivilisationstheoretischen Denken einen Anspruch auf Richtigkeit, das durch den Rückgriff auf eine partiale Kernthese, der sich kontinuierlich entwickelnden - und intern gesellschaftlich einhegenden - psychischen Selbstzwangs-Apparatur beim Menschen, einen entscheidenden Zug im Habitus jedes modernen Menschen herauszuarbeiten vermag, so kann die technische Umsetzung einer Assoziationsmatrix in einem Assoziativcomputer als denknotwendige Fortschreibung menschlichen Selbstzwanges gedacht werden. Die erfolgreiche gesellschaftliche Transponierung von Fremd- in Selbstzwang steht nach Elias mit „der Ausbildung von Monopolinstituten der körperlichen Gewalttat und mit der wachsenden Stabilität der Zentralorgane im engsten Zusammenhang“. Erst mit der sukzessiven Instituierung eines staatlichen Gewaltmonopols, staatlicher Beherrschungsmacht und ausdifferenzierter Gesellschaftsmechanik stellt sich jene Prägeapparatur her, die den einzelnen gelehrigen Körper an ein stabiles und vordefiniertes Verhalten gewöhnt, das nötig wird, wenn Gewaltformen aus den gesellschaftlichen Räumen verschwinden und das Komplement nur Selbstkontrolle heißen kann. Reine Selbstkontrolle ist dem Individuum früherer Gesellschaftsformationen nur bedingt möglich gewesen, weil Selbstkontrolle nur mit allen erdenklichen Gewaltformen - denen man nahezu durch jedermann (Obrigkeit und Private) unreglementiert ausgesetzt werden konnte - untermischt und verschmolzen Bestand hatte. Der neue, zivilisierte Mensch in seiner mannigfaltigen und alternierenden Erscheinung von Verflechtung und Selbstkontrolle hingegen, begreift Gewalt nur noch in einer Residualkategorie, in vermittelter Form an der Züchtung von Gewohnheiten mitarbeitend (so wie Foucaults gute Mittel der Abrichtung). Warum kann die Assoziationsmatrix (fortan auch AM) eines Assozitiativcomputers (AC) als nicht nur hochkompatibel zu, sondern vielmehr als feinjustierende Hochform von menschlichem Selbtszwang qualifiziert werden ? Der moderne Mensch lebt bekanntlich in einem Zeittunnel, einer Zeitrhythmik, die mit der Skandierung von Frömmigkeitsübungen einstmals Konturen erhielt. Das zeitliche Durchdenken von Tätigkeit, die Einteilung der Arbeitsstunde in Halbe- und Viertelstunde, Minuten und Sekunden in den ersten „Kloster-Fabriken“ des Frühkapitalismus definiert hierbei „nicht einen zeitlichen Rahmen für eine Tätigkeit und auch nicht bloß einen von außen auferlegten kollektiven und obligatorischen Rhythmus, sondern ein Programm, das die Durcharbeitung von Tätigkeit selbst gewährleistet und ihren Ablauf und ihre Phasen von innen her kontrolliert“. Neben der Zergliederung von Zeit figuriert damals jenes Programm, das den Körper und die Geste des Menschen, insbesondere des Arbeiters in ihrer Zusammenschaltung zum Inhalt hat: In vielen Verordnungen des 18. Jahrhunderts wird z.B. die Schrittlänge eines Arbeiters vermessen, sodann normiert und standardisiert; der scheinbar komplexe Anspruch an einen Akt des „Schönschreibens“ wird als körperliche Disziplin minutiös in einer Schulverordnung normiert; das Soldatenhandwerk neu installierter, sogenannter stehender Heere wird vermittels wahnwitziger frühkinesiologischer Soldatenhandbücher zu einer sehr folgenreichen gesellschaftlichen Disziplin ausformuliert. Es ist sozusagen der Übergang von einem externen Befehl zu einem formgebenden anatomisch-chronologischen Raster, einem vordefinierten Verhaltensschema; sprich die Foucaultsche Disziplinarkontrolle, der ein gelehriger Körper von klein auf unterliegt. Die Kontinia des Selbstzwanges kristallisieren also um die Invention der Zeitplanung und seiner hierin gründenden qualitativ-dynamischen Verwebung von Zeit in menschenmögliche Arbeitskraft. Schon zu dieser Zeit wird also eine prototypische Übersetzungsfolie geschaffen, die später durch die menschlich-technische Vermittlungsleistung eines Computerarbeitsplatzes perfektioniert werden sollte. Das Grenzobjekt Computer ist förmlich ein Signum des menschlichen Zeitmanagements und alles andere als ein irrationaler Fremdkörper, oder reine Materialität eines unbelebten Dings in der Menschenwelt, die bekanntlich, ohne irrational zu sein, nicht-rational ist und nur kontingente, situative und temporäre Ordnungsleistung herzustellen vermag.

Warum wird der Assoziationsmatrix in zunehmender medialer Fokussierung die Eigenschaft des überkommenden Innovationsmotors zugeschrieben ? Zunächst unterfällt die ohnehin schwach ausgeprägte Rezeption einer angeblich funktionablen Assoziationsmatrix der Eindrücklichkeit von Erstaunen, Verblüffung und gewohntem Interesse. Fraglich ist, wie und auf welche Weise sich diese in ihrer wachsenden Gravidität gesellschaftlich verfestigen wird ? Ist es die Befürchtung, die das zukünftige gesellschaftliche Kohabitat aus organischer und künstlicher Intelligenz ausmalt, das menschliche und nicht-menschliche Spieler in der Welt zu eskamotieren scheint; sie in eine gesellschaftliche Zone ihrer Ununterscheidbarkeit verdrängt oder ist es die Angst der Menschen vor einem Auszug aus ihrer eigenen Menschenwelt ? Jenem Kandidaten kollektiver Ängste, die der Angst von Ängstigern zu entspringen scheint und die sich wiederkehrend pandemisch hineinfügt in das typische Narrativ der Zivilisationskritik ?

Wie funktioniert demnach eine eingehegte, kontrollierte Assoziationsmatrix in einem Assoziativcomputer ? Die erste Gelenkstelle einer einführenden Begriffsbildung sollte sich in dem Archetyp einer Assoziationsmatrix erschöpfen: dem menschlichen Gehirn. Es gilt wohl, dass das menschliche Gedächtnis Informationen weich, tolerant, fehlerbehaftet, konfus, affektiv oder in einem ersten Zugriff unpräzise, dann ordnend, sodann geordnet verarbeitet. Es ist das sprichwörtliche ins Gedächtnis bringende (Encodierung); das im Gedächtnis haltende (Speichern) und das aus dem Gedächtnis holende (Abruf) Gefühl von informationsvermittelter Kontinuität im Denken, die dem Menschen selbstidentifizierendes Bewusstsein zumindest imaginiert. Freilich wird solches nicht als Rechenleistung empfunden. Die neurowissenschaftlichen Theorien des Gedächtnisses weisen (vor dem Hintergrund einer hier allenfalls kursorischen, somit auch verwässernden Darstellung) verblüffende Affinitäten zu den Darstellungen eines Informatikers zur Funktionsweise eines Assoziativcomputers auf, die in ihren rudimentären Funktionsbeschreibungen geradezu austauschbar wirken: Der Assoziationsmatrix ist insoweit eigen, dass sie einzelne Informationen vermittels einer Strukturpfad entkleideten Datenspeicherung innerhalb einer unbekannt dimensionierten Matrix verarbeitet, wobei die Einzelinformationen mit keiner Suchoption isolierbar und ursprünglich detektierbar sind (im Grunde kann nur ein Mensch oder eine Maschine diese Matrix verstehen, nachvollziehen, wenn er/sie Kenntnis von den Dimensionen der Matrix hat); die Datenbruchstücke sind atomisiert und defragmentiert auf der Festplatte enthalten, sie emergieren nur punktuell und situativ zu einem Datensatz, der sich bei erneuter Interaktion mit ähnlichen Implikationen (Fragen an die Maschine) niemals deckungsgleich reproduziert. Die Assoziationsmatrix vergleicht wie der Mensch vermittels Encodierung, Speicherung und Abruf, welches nach dem Grad omnipotenter Fütterung je aus einem unterschiedlichen, interdisziplinären Fundus herrühren könnte - sie assoziiert demnach nicht in Form einer Kaskade, das heißt eine Gleichförmigkeit von aufeinanderfolgenden Operationenen pro Rechenschritt hervorrufend, sondern vermittels simultan wirkender Vektoren, die sich addieren oder gar widersprechen können. Prospektiv assoziiert ein AC also nicht nur das fehlende rechte Bein des Buchstabens A (als Korrektur menschlichen Versagens), sondern bei erwarteter Weiterentwicklung komplexe Strategien z.B. vermittles syntaktischer oder linguistischer Einbruchstellen oder gar durch selbsttätige, kumulierende Interpretation von Einzeldaten innerhalb eines Problemansatzes.

Eine informationsverarbeitende Ebene tiefer verortet sich das vielerorts diskutierte Phänomen der Algorithmen, die sich zuvörderst - technisch vermittelt - „aus endlich vielen, wohldefinierten Einzelschritten zusammensetzen und (...) bei einer Problemlösung eine bestimmte Eingabe immer in eine bestimmte Ausgabe überführen“ (Beispiel: Codecs für Multimedia). Im Grunde kontrastiert dieser lexikale Beschreibungshorizont eines Algorithmus, der von unbedingter Finitheit und Determiniertheit geprägt ist, einen gemeinschaftsrechtlichen Diskurs zur europäischen Datenschutzrichtlinie, der aktuell vor dem Hintergrund der datenschutzrechtlichen Verschleifungsmöglichkeit oder -unmöglichkeit des Normfragments sogenannter „legitimer Interesssen des Verarbeiters“ und des eigentümlichen Eigenlebens solcher hier gemeinter Algorithmen geführt wird. In erster Linie geht es sicherlich um die mannigfaltigen, rechtlichen Opt-Out-Möglichkeiten der jeweiligen Datenverarbeiter, die im wesentlichen der Unabgeschlossenheit des Rechtstextes geschuldet sind. Es geht aber auch um eine schon gestalterisch wirkende, also infiniten Vermittlungsleistung von Algorithmen, die weder mathematisch, technisch noch juristisch nachgezeichnet oder gar vorhergesagt werden kann: Der einer Datenverarbeitung zustimmende Konsument oder Dienstleistungsempfänger eines Unternehmens oder einer Behörde kann im Zeitpunkt seiner Datenfreigabe weder seitens des Datenverarbeiters noch des Software-Herstellers über die Reichweite und Intensität der Nutzung, d.h. die selbsttätige Multiplikation an andere Datenverarbeiter, die nicht direkt durch den in Rede stehenden Freigabeakt der Daten bedient wurden, aufgeklärt werden. Selbst den Programmierern der Algorithmen scheint es unmöglich, dritte nutznießende Datenverarbeiter zu isolieren: Diese Weitergabe seitens des Algorithmus unterliegt also in ihrer Multiplikation einer Form von Randomisierung, die sich niemals deckungsgleich reproduziert. Eine rechtlich hinreichende Einwilligung in diese menschlich unbeherrschte Datenverarbeitung erscheint vor dem Hintergrund datenschutzrechtlicher Minimalkriterien als unmöglich.

Es drängt sich sodann etwas ins Bewusstsein: die Beschreibungsmuster einer AM verwickeln uns sofort mit den ursprünglichen, profunden Kernthesen der Akteur-Netzwerk-Theorie (fortan ANT). Radikal schien das Denken, dass sich Identität durch mannigfaltige Relationen zu einem sogenannten signifikanten Anderen herausbildet, also die Selbstbildungs- von Fremdbildungsprozessen abhängen. Das provokatorische Hintergrundsummen der ANT erschöpft sich zuallererst darin, diesen transformatorischen Schritt ihrerseits zu radikalisieren, indem sie sagt, dass nicht nur der oder die Andere Handlungsfähigkeit evoziert, sondern auch das Andere. Jeder Akteur trifft innerhalb seiner initiierten Handlungsabläufe auf Widerstände - ein vollumfänglicher und hinreichender Überblick eines Marktsegments etc. - die ihn zu Ausweichbewegungen und Umwegen führt, die ihm je neue Bewältigungsstrategien, mitunter kommunikatorische und zwischenmenschliche Persuasion abfordern. Für diese Korrektive stehen ihn Techniken aber auch Technik zur Seite; er akquiriert in jedem Fall einen weiteren Akteur mit eigenem Handlungsprogramm. Es stellt sich hierin u.a. eine technische Vermittlung, eine Verschiebung von Handlungsprogrammen ein, was in der symmetrischen Sprache der ANT das bezeichnet, was einen Akteur handeln lässt. Eine Vermittlung heißt aber auch Komposition: Vermittlung ist immer ein sich aus heterogenen Elementen zusammensetzender Prozess; wobei zunächst nicht sichtbar wird, welche raum-zeitlichen, technischen und personellen Verschaltungen erforderlich werden, um z.B. rudimentäres Online-Banking zu ermöglichen. Die ANT im Stakkato: Sie versteht sich als Soziologie der Assoziation und ungleich einer der sozialen Tatbestände, sie geriert sich im Grunde als eine ko-konstruktivistische Beobachtungsheuristik, die weder eigentliche Theorie sein will oder nach ihrem Verständnis sein muss. Sie ist prozessorientiert und weniger theoretisch konnotiert; sie stellt auf Objektivierung und nicht auf das konstruierende Individuum ab. Sie öffnet und schließt soziale Systeme jeder Art und Ebenenunterscheidung, sie verschleift Netzwerke menschlicher Akteure und vermittelnder technischer Artefakte in einer Vorläufigkeit, in ihrer formgebenden und zugleich formauflösenden Eigenschaft vermittels eines Kontingenzgedankens.

Soziologistischer Grundtenor ist, dass in der sozialen Welt Ursache-Wirkungsketten stets relativ sind, sich soziale Gesetze niemals wie Naturgesetze beweisen lassen. Stets kommt es zu (immerhin als zulässig erachteten) graduellen Brüchen innerhalb dieser Ursachen-Wirkungsrelationen, die denklogisch kontingentem Freiheitsgebrauch menschlicher Akteure geschuldet sind. Die ANT sieht hierin dennoch zwei wesentliche Irrwege der Sozialwissenschaften verwirklicht:

  1. Der Fehlschluss fortgesetzten Beharrens auf solche weitgehend abgeschlossenen Ursachen-Wirkungsrelationen, die unter diesen Bedingungen als Realabstraktion dienbar gemacht werden; die einzig beschreibbar bliebe als Veränderung in der Gesellschaft, die als Leistung planender Vernunft zur Vernunft der heute Planenden in unmittelbare Beziehung gesetzt werden kann. Überdies würde hiernach eine Begriffsbildung erforderlich, die ohne dezidierte begriffliche Klärung einen Untersuchungsgegenstand (natürlich findet eine erfahrungswissenschaftliche Begriffsarbeit statt) durch einen weiteren aber lediglich anderen ersetze, d.h. durch einen Exzess von begrifflichen Erfindungen, Begriffe an den Prozess sozialwissenschaftlicher Beschreibung herangetragen würde, ohne dass diese Begriffe selbst eine Rolle spielen könnten (Die Begriffe Mikro und Makro haben für die ANT überhaupt keinen Nährwert). Diese Bewegungsbeschreibung gesellschaftlicher Wirklichkeit, als eine Diagnose planender Gesellschaften erschöpft sich demnach auch nur darin, gesellschaftliches Planen fortgesetzt anzuempfehlen. Adorno, in den Prismen zu Mannheim: „Die Abstraktionsschritte sind ihm (dem Sozialwissenschaftlicher) willkürlich, solange sie nur in Übereinstimmung mit einer differenzierenden und korrigierenden Erfahrung bleiben. Er verbietet sich die Konsequenz, dass die vorurteilslose Registrierung der Tatsachen fiktiv ist; dass der Sozialwissenschaftler nicht ein unqualifiziertes, chaotisches Erfahrungsmaterial zu ordnen hat, sondern dass das Material seiner Erfahrung die soziale Ordnung ist, ein ‚System‘ im härteren Sinne als je die Philosophie eines erfand; und das über Recht und Unrecht seiner Begriffe nicht sowohl deren Allgemeinheit und andererseits deren Annäherung an reine Fakten entscheidet als vielmehr, ob sie die realen Bewegungsgesetze der Gesellschaft zureichend fassen und die widerspenstigen Fakten auf jene transparent machen.“

  2. Die Überwindung einer Asymmetrisierung von nicht-menschlichen Akteuren und technologischen Artefakten innerhalb der Gesamtperformanz eines sozialen Netzwerkes. Die Computertechnik, die neue Maschine, wird schon frühzeitig in der Technikforschung als Grenzobjekt wahrgenommen - „vermag jenes doch Sozialtechniken hervorzubringen, die den Menschen zum Objekt eines social engineering mache, das ihn bis in seine Struktur hinein zu manipulieren gestatte“. Hans Freyer dehnt mit diesem Denken den Technikbegriff seiner Zeit, der noch vorwiegend von der sogenannten Automationsdebatte der 1950/1960er Jahre geprägt ist, ins Nicht-Stoffliche aus (Der Mensch, so Ahrendt, passt sich sich den Maschinen an, weil er ein bedingtes Wesen ist, so dass ein jegliches, ob er es erfindet oder vorfindet, zur Bedingung seiner Existenz wird). Die technisch-stoffliche Materialität, die Hardware des toten Dings, verwebt sich über eine Software mit dem Nicht-Stofflichen des menschlichen Denkens eben zu diesem damals so gedachten Grenzobjekt. Die Anwender werden in dessen Angesicht (Computisierung der Arbeitsplätze) dazu genötigt, ihr Denken, ihr formal-logisches Denken permanent mit der Maschine symbiotisch abzugleichen. Das interne Gedachte verschränkt sich in einem schöpferischen Akt mit dem nahezu simultan auf einem Bildschirm sichtbar Gemachten. Das Invisibilisierte wird in der materiellen Maschine, dem Ort des Zusammenflusses, zu etwas Äußerem.

Die ANT vermeidet sowohl die Arbeit mit freischwebenden Ursachen- und Wirkungsrelationen (1) als auch die, die eine unbedingte Ausklammerung/Herausschreibung sogenannter Mensch-Maschinen-Hybriden aus dem Problemansatz verwirklicht wissen will (2), indem sie nicht von einem ‚modernen‘ Verständnis von Differenz und Trennung (‚Das Zwei-Kammernsystem‘ bei Latour), also von einer aufgespaltenen politischen und epistemologischen Repräsentanz von Subjekt, Kultur und Gesellschaft auf der einen Seite und Objekt, Natur und Wissenschaft auf der anderen Seite sprechen will. Vielmehr stünde eine prozessierende Assoziierung des sich selbst konstituierenden Sozialen im Fokus, sozusagen als Form beobachtungsheuristischen Monitorings sozialer Bewegungswirklichkeiten. Latour sieht demnach seine Gründungsthesen nicht als Soziologie an, sondern denkt sie als experimentelle Metaphysik (Latour: „Wir sind nie modern gewesen.“). Jener strikt dualistischen Verfassung der Moderne sei mithin das Paradox einer dynamischen und fortgesetzt dynamisierenden Ausbreitung von solchen Hybriden eigen, die sowohl sozial, diskursiv und natürlich sind, und sich einer binären Zuordnung entzögen: „Die moderne Verfassung erlaubt gerade die immer zahlreichere Vermehrung der Hybriden, während sie gleichzeitig deren Existenz, ja sogar Möglichkeit leugnet.“ Eine Überwindung dieses Zustandes vermittels der heute stark in methodologischer Diffusion aufgelösten ANT zeitigt denklogisch auch einen Anspruch auf eine neue zu denkende politische Theorie oder zumindest in einer praktischer konnotierten Lesart als Form neuer Politik (vgl. Latours Parlament der Dinge). Die ANT vermag klassische, scheinbar nicht hinterfragbare Arbeitsfolien soziologischer Erfahrungswissenschaft zu neutralisieren: Der unaufhörlichen Suchbewegung der Soziologen nach einer Verschränkungsmöglichkeit der auf der Mikroebene handelnden Akteure mit der sogenannten Makroebene gesellschaftsweiter Strukturbildung wird von der ANT das Kriterium „selbstähnlicher Prozesse“ entgegengeworfen, das nicht nur von einer strikten Ebenenunterscheidung bereinigt ist, sondern auch ein ‚Dahinter‘ erfundener sozialer Strukturen - zum Beispiel im Ausdruck einer Bordieuschen „Illusio“ - ausgeschlossen wissen will. Der ANT zufolge bestünde die Aufgabe der Soziologen darin, die Prozesse der Assoziierung, „die erst das Soziale erzeugen, nachzuverfolgen und nachzuspüren, anstatt zu glauben, als einzige die Kraft zu haben, dahinter zu schauen und die wahren Kräfte zu sehen“. Es wird hierdurch auch ein wesentliches poststrukturalistisches Moment in einer bewusst zugespitzten Pointierung nochmals erweitert. Das der Dezentrierung des Subjekts: Das Subjekt sei hiernach nicht Effekt von Diskurs, sondern das Produkt von verschiedenen heterogenen Materialitäten. Michel Serres weist solchen Materialitäten schließlich den Status von Quasi-Subjekten oder Quasi-Objekten zu. Es liegt also der Gedanke einer Gleichbehandlung, einer Gleichberechtigung der intersubjektiven und interobjektiven Verständnisse von Ursachen und Wirkungen zugrunde.

Wie lässt sich nunmehr eine bis hierher ausdifferenzierte Assoziationsmatrix in eine Sozialmatrix im Sinne der ANT (1) als sogenanntes technisches Artefakt hineinverweben und (2) als handlungsgleicher Mensch-Maschinen-Hybrid, als Aktant hineindenken ? Ein computisierter Arbeitsplatz erfüllt sicher den Gesichtspunkt unter dem Anstrich (1) und erfüllt wohl diesen unter (2) nach einer Ausstreichung des Wortes ‚handlungsgleich‘. Wie kann die selbsttätige Assoziationsmatrix eines Assoziativcomputers - ungeachtet offener Formen autonomer oder extern vermittelter Wissensaneignung der Matrix - beide Punkte vollumfänglich ausfüllen ? Die personalen und maschinell-technischen Zwischenglieder eines sozialen Netzwerkes übertragen eine Ursache, die von den Inskriptionen einzelner Initiierender, also von einem vorgeschalteten Lösungsansatz herrühren, in ein Resultat, das durch kontingenten Freiheitsgebrauch graduelle Unschärfen produziert, ohne jedoch, dass im Zuge dieser Übertragung das Resultat in seinen wesentlichen Inhalten noch verändert würde. Im Idealfall scheinen innerhalb eines sozialen Problemansatzes, Ursache und Wirkung in eins zu fallen. Das Handeln durch Zwischenglieder zeitigt insoweit hinreichende Formen der Kalkulierbarkeit. Innerhalb eines sozialen Netzes muss das Ziel sein, Unschärfen abzubauen, z.B. durch die Produktion vereinfachenderer Beschreibungen/Deskriptionen von Handlungsparameter für einbezogene Aktanten. Die Netzwerke unterliegen in dieser Suchbewegung nach Stabilität einer Tendenz dynamischer Substitution: Es gilt unberechenbare Akteure weitgehenst durch berechenbare Aktanten als intermediäre Mobile, sprich technische Artefakte oder Mensch-Maschinen-Hybride, auszutauschen. Die Gesamtperformanz der Handlungsketten eines sozialen Netzwerkes, im Ausdruck ihrer konstitutiven Verschleifung von Intersubjektivität und -objektivität, sprich der vermehrte Einsatz sogenannter Mensch-Maschinen-Hybriden, ermöglicht gerade die effektive Reduzierung von Kontingenz. Die technische Vermittlungsleistung eines Mensch-Maschinen-Hybriden (voran der Computerarbeitsplatz, die Kommunikation vermittels EDV etc.) verbleibt aber fortgesetzt innerhalb kalkulierbarer Parameter eines sozialen Netzwerkes - also innerhalb oben dargelegter Abschwächungserscheinungen - und erweist sich im Ergebnis als eine perfektionierte, Kontingenz reduzierende Folie akzeptabler Zwischenglieder. Was passiert an dieser Stelle, an der sich die Einschätzungsprärogativen einer AM eines AC in die Praxis eines solchen sozialen Netzes hineinschleicht ? Im Gefüge eines sozialen Netzwerkes müsste diese Leistung demnach als handlungsgleicher, performativer Akt abgebildet werden - der Assoziativcomputer als Aktant Information produzieren und selektieren, die äquivalent zu menschlicher Leistung im Netzwerk verarbeitet wird und sich somit als handlungsgleicher Akt in die Gesamtperformanz eines Netzwerkes einstellt. Letztlich vermag eine AM ja nach bisher festgestellter Funktionabilität und Potenz und prospektiver, technischer Weiterentwicklung, über eine Interobjektivität hinaus- und an eine äquivalente Form von Intersubjektivität (zunehmend komplexer werdende vektoriale Informationsverarbeitung) heranzutreten, was selbst eine Gleichbehandlung von Intersubjektivität und Interobjektivität durch die ANT zur Disposition stellen würde. Keiner der beteiligten menschlichen Akteure könnte realisieren, wann und wie sich eine AM innerhalb des Übertragungsweges als Eigenleistung, als Ursache - ohne jedoch Ursache und Wirkung zu sein - performativ in Szene setzt, also die Performanz der Gesamthandlung eines Akteur-Netzwerkes eigenständig modifiziert und Arbeitsleistung an einen anderen Akteur als nächstes Glied in der Kette weiterleitet. Der selbstätige Akt einer AM in ihrer dialogischen Verschaltung mit anderen Akteuren, sei es einer zwischen einer Maschine und einem Menschen oder sogar ein reiner Maschinendialog, könnte nicht mehr detektierbar, nachvollziehbar werden. Ein Assoziativcomputer stellt revidierend sich als ein neues unberechenbares Zwischenglied, als Kontingenz förderndes Moment innerhalb der Gesamtperformanz in das Netz ein, welches sich zuvörderst durch den Einsatz klassischer Computerarbeitsplätze geradezu abgebaut wissen wollte.

Die Novität heutiger und zukünftiger Möglichkeiten vektorialer Informationsverarbeitung durch eine Assoziationsmatrix könnte dennoch für bestimmte Alltags- und darauf aufruhende Gesellschaftsenklaven dahingehend fruchtbar gemacht werden, als sie verloren geglaubtes Terrain zurückerobert: Die dialogische Übersetzungsleistung innerhalb des menschengemachten und sich förmlich selbst überlassenen - somit dilemmatorischen - Hochfrequenzhandels, der Dialog zwischen einem Aktienalgorithmus und einem Börsenalgorithmus ist bekanntlich jeglicher menschlichen Kontrolle entzogen. Eine retroaktive Evaluation eines Handelszeitfensters von einer Minute (das heißt, ein Mensch versucht eine Minute Handelszeit zu rekapitulieren) erfordert je nach Börsenplatz einen Zeitansatz von mehreren Stunden, Tagen oder sogar Wochen. Schon ein hierfür zielführender und korrespondierend anzusetzender Personalansatz der amerikanischen SEC konterkariert einen jeglichen Anspruch hinreichender Börsenaufsicht. Diesen reinen Maschinendialog in seiner echtzeitlichen Bewegungswirklichkeit evaluierbar, in seinen Umfängen sichtbar und reproduzierbar zu machen, ist mithin ein denkbares Einsatzszenario für den Assoziativcomputer zukünftiger Generationen - nur für eine dritte Maschine ist ein solcher Hochfrequenzdialog zwischen zwei anderen Maschinen überhaupt sichtbar. Einhergehend liefert die augenmerkliche Tatsache der technischen Fragilität und Störungsanfälligkeit der Handelssysteme eine weitere Einbruchstelle für das Korrektiv einer Assoziationsmatrix: Festgestellte 18000 Systemabstürze seit 2006 generierten zurückliegend unzählige sogenannte UUEs, also ultraschnelle extreme Ereignisse, die binnen Sekunden faktisch als auch potentiell Milliardenwerte schaffen, sodann wieder vernichten können. Auch diese mikrosekundenschnellen Friktionen aus Preisanstieg/-sturz und Kurserholung/-verfall sind denklogisch für partizipierende menschliche Aktuere vollends invisibilisiert. Die Invention von menschlich-maschinellen Korrekturen, die Entgrenzungen wie den Hochfrequenzhandel domestizieren könnten (der durch selbsttätige Maschinentechnik vor dem Menschen invisibilisiert wird, sodann aber durch eine weitere technische Vermittlungsleistung wieder eingehegt, sprich für den Menschen sichtbar und nachvollziehbar werden könnte) könnte auch die gesellschaftliche Suchbewegung/Aspiration nach unternehmerischer und staatlicher Transparenz und Regelbefolgung in einer Verlässlichkeit präzisieren, professionalisieren und von Fehlleistungen bereinigen. Compliance als Übersetzungsprozess zeitigt heute schon hochgradige technische Vermittlungsleistungen durch Mensch-Maschinen-Hybriden. Dennoch wird sie in ihrem zweistufigen Verständnis (Phalanx computiserter Abfragen und Überprüfungen und einer aufruhenden, situativen und anlaßbezogenen investigativen Phase durch einen Menschen) in letzter Konsequenz durch eine menschliche Leistung dominiert. Vermittels eines AC wäre es indessen denkbar, dass ermittlerische Intuition durch eine Assoziationsmatrix substituiert werden könnte (Auch im Zusammenhang von Compliance ist das Ansinnen von Kostenersparnis bereits Gegenstand statistischer Evaluation) - wie kann eine Assoziationsmatrix summarische Informationen so zielführend assoziieren, dass Anfangsverdachte hinsichtlich eines z.B. abstrakt zugänglichen Moments wie die Beurteilung sogenannter PEPs, also politisch exponierter Personen verifiziert werden können - dessen Einschätzung heute einzig menschlichen Akteuren zukäme ? Die Arbeitsleistung eines AC müsste insoweit ermöglichen, dass z.B. eine Aqkuirer-Bank qua einer autonomen Einschätzungsprärogative einer Assoziationsmatrix Kreditkartenneukunden nicht nur als liquide, sondern auch als ‚würdig‘ im Sinne der Vorstellungen von Regelbefolgung, also unter dem Gesichtspunkt eines vollumfänglichen Online-Due-Diligence-Prüfverfahrens einstufen könnte: Die künstliche AM könnte sich perpektivisch als ein performativer Akt innerhalb einer Gesamthandlung iSd ANT abgebildet wissen, vermöge dessen und wider einem klassischen Computerarbeitsplatz (der vollkommenste Mensch-Maschinen-Hybrid, der prädestiniert ist, Kontingenz zu reduzieren) neue Formen von Unsicherheit eingestellt werden könnten. Wie zuvor kurz angezeigt, würden potentieller Destabilisierung jedoch fruchtbare Einsatzszenarien einer AM entgegengeworfen werden können: die Fähigkeit, durch ihre selbsttätige Vermittlungsleistung eine menschlich-technische Vermittlungsleistung zu korrigieren (eine solche, die sich bereits entgrenzt hat, wieder einzufangen: vgl. Hochfrequenzhandel), zu optimieren und zu stimulieren (das soziale Netz bereichern und entlasten). Ist solche schon wundersame, mitunter mit Befürchtungen behaftete, neuerlich geschaffene oder zu erwartende Unsicherheit hinnehmbar ?

Das Credo der ANT erschöpft sich gerade in der Einsicht, dass Unsicherheit den sozialen Netzen irreversibel intern ist (1) und die Kontrollversuche solcher konstanter Unsicherheit vermittels kontingenzreduzierender Korrektive, Unsicherheit nie vollständig aufzulösen vermag (2). Dieses konstitutive Hintergrundsummen der ANT fordert einem Interessierten hernach auch die Lektüre postfundamentaler, insbesondere hantologischer Beschreibungsmuster moderner Ontologiebegriffe ab, die zunächst einer wesentlichen konzeptuellen Innovation des Denkens vom Politischen geschuldet ist. Ein Begriff des Politischen, der nicht eine „neue Stiftung der Politik durch das Denken sucht, sondern die politische Stiftung des sogenannten westlichen Denkens detektiert“. Die verschiedenen Autoren sahen den stringenten fundamentalistischen Horizont der verschiedenen Sozialwissenschaften (und den konventioneller politischer Theorie) vehement einem krisenbehafteten Störfeuer ausgesetzt, was Lefort schließlich kurz mit der „Auflösung der Zeichen der Sicherheit“ treffend rubriziert. Hervorgegangen war solches aus der krisenbedingten Selbsterkenntnis, dass die eigenen fundamentalistischen Gewissheitssysteme keine hinreichend sicheren Zugänge zu einer letztgültigen Gründung des Sozialen leisten könnten. Die sprichwörtliche Prozessbeobachtung dieses Zerfalls an unerschütterlicher, sozialwissenschaftlicher Gewissheit wurde durch eine prominent besetzte Autorenschaft in das Spiel postfundamentalistischer Theorie hineingeschrieben; die überdies in ihrer je zeitlichen Rezeption ein genetisches Kontingenzdenken spiegelt, weitergibt und vordergründig oder scheinbar inkommensurables Denken bündelt (Schmitt und Ahrendt, Nancy, Labarthe und Heidegger u.s.w.). Marchart pointiert jüngst seine Ansicht zu einer denklogisch hieraus resultierenden Differenz von Politik und dem Politischen dahingehend, dass diese differentielle Form schlussendlich überragendes Indiz eines abwesenden Grundes von Gesellschaft demaskiere. So teile sich die Begrifflichkeit von sozialer oder gesellschaftlicher Gründung in bidirektionale Momente aus der Unmöglichkeit einer Letztgründung und der Möglichkeit kontingenter, also punktueller und temporärer Gründung: Eine nicht abschließbare Hegemonie konkurrierender Gründungsversuche, die in ihrer konzeptuellen Differenz gerade auf die Differenz zwischen Politik und dem Politischen hinweist - sozusagen deren Differenz als Differenz und diesen Ent-zug des Grundes anerkennt (also das Spiel mit der bewussten Anleihe Heidegger‘scher ontisch-ontologischer Differenz oder Derrida‘scher differance). Denn der abwesende Grund, der eigentlich in seiner Abwesenheit stets anwesend bleibt, könne niemals vermittels der vorhandenen ontischen Kapazitäten politik- und sozialwissenschaftlicher Positivierung detektiert werden. Die entkleidete Gewissheit mündet in die Bewusstwerdung menschlicher Gesellschaft, die nur noch an der Nahtstelle zwischen einem Fundamentalismus, also der Gewissheit sicherer Fundamente, und einem in Schach zu haltenden Antifundamentalismus organisiert werden kann: an einem postfundamentalistischen Horizont der Gründung und Entgründung.

Menschenursächliche Kontingenz und hier beschriebene maschinell, technisch indizierte Kontingenz sind in ihrer möglichen Verschaltung - und unter der Prämisse diagnostizierter, konstanter Unsicherheit - beide innerhalb eines gemeinsamen sozialen Habitats menschlicher Akteure und technischer Artefakte nicht länger a) in einer hermetischen Asymmetrisierung und b) in Form einer absoluten Exklusivität denkbar. Akzeptiert man demgemäß das Moment prototypischer Unsicherheit und korrespondierende, partial erfolgreiche Kontrollversuche von Unsicherheit als eine sozusagen anthropologische Konstante, so ist der ‚unberechenbare‘ Beitrag einer künstlichen Assoziationsmatrix eines Assoziativcomputers, die sich in ein solches atomisiertes Portfolio eines „alles ist je auch anders möglich“ hereinzuschreiben vermag, nicht nur ein hinnehmbares, sondern auch ein kalkulierbares Risiko.

Keine Angst vor der Maschine ! Shoshana Zuboff versuchte unlängst, anhand eines die Automationsdebatte nochmals übersteigenden ‚Ereignisses‘ - das im Angesicht einer nicht mehr nachvollziehbar erscheinenden Weltökonomie, einem unreflektierten Sprung in ein Paradox gleichzukommen scheint - alte ökonomische Gewissheiten neu zu denken: Die Substitution von menschlichen und menschlich-technisch vermittelten Arbeitsplätzen auch durch autonome, menschenentkleidete Arbeitsplätze, nicht als Gefährdung, als ein fatalistisches Unausweichliches zu stigmatisieren, sondern ein Grundübel zu fokussieren, das nachwievor im Menschenwerk zu suchen sei. Dieses typische und von ihr kontrastierte Narrativ der Kritik, schon in Form eines kulturkritischen Affekts, formiert sich vehement um die Embleme einer Rhetorik von Zwangsläufigkeit oder digitalem Determinismus, die einem Jeden wegen seiner individuellen Verstricktheit als Wirtschaftssubjekt, ein systemstabilisierendes Angleichungshandeln an das angeblich irreversibel Gegebene der Bewegungswirklichkeit ‚Ökonomie‘ abzunötigen scheint. Sie spricht hierin von den (hinlänglich bekannten) Täuschungsmanövern der großen Player in der Weltökonomie, vermittels derer sie die entgrenzten und scheinbar resistenten Eigendynamiken zu demaskieren versucht: Durch eine sich einhellig versammelnde Zitation einer mehr oder weniger profunden (stereotypischen) Prophetie, die Aufweis gibt über aktuelle Zustände und zukünftige Entwicklungslinien der Ökonomie (nach der sich der Mensch zwangsläufig selbst aus seiner Menschenwelt herausschreiben muss), öffnet sie einen schon programmatischen Fatalismus vermittels eines naheliegenden Werkzeuges, das einfach-praktikabel und dennoch dem heutigen ökonomischen Bewusstsein entronnen zu sein scheint: Es sei eine Renaissance des von ihr spezifisch-aktualisierten alten Kapitalismus zu erwägen, besser: zumindest eine gewisse Transponierung oder Adaption der organischen Plastizität des alten Kapitalismus, insbesondere der situativen Wandelbarkeit in seiner Kontrastierung zur aktuellen, in sich unentschiedenen Weltökonomie anzustreben. Der Fokus auf die asubjektive und purifizierte, menschliche Arbeitskraft substituierende Ausbreitung intelligenter Maschinen in der Arbeitswelt verdrängt die Bewusstwerdung einer viel bedeutenderen Kraft, die nicht vor der Menschheit invisibilisiert ist: Der Mensch bleibt auch im Angesicht omnipotenter Maschinen Schöpfer verzerrter Unternehmenspraxis und versteckter Geschäftsmodelle. Und nur diese Verunsicherung vermag es, notwendige informationsvermittelte, kulturkritische Empörung zu camouflieren oder zu neutralisieren - Ein Stellvertreterkrieg wider künstlicher Maschinen macht jedenfalls keinen Sinn. Man sollte dem Zusammenfassenden Shoshana Zuboffs in der Tat die Eigenschaft eines nur uneigentlich verschwundenen Paradigmas zugestehen. „Es gibt, abgesehen von Gewohnheit, keinen Grund zu der Annahme, dass Marktwirtschaft nur in einer ganz bestimmten Weise funktioniert. Das Gegenteil ist der Fall. Ein brüchiger Kapitalismus übt seine Gravitationskraft auf die digitale Welt aus. Aber die Erfolge des alten Kapitalismus beruhten auf seiner Plastizität, seiner Fähigkeit, sich immer neu anzupassen an die sich wandelnden Bedürfnisse der Menschen. Die Gesetze der heutigen Marktwirtschaft oder der von ihr inthronisierten Politik sind nicht unabänderlich oder zwangsläufig. Es wäre unrealistisch, zu glauben, wir könnten und dürften die heutigen Verhältnisse nicht in Frage stellen.“